Infos zum Obstbaumschnitt u.a.

Beim Obstbaumschnitt handelt es sich um ein komplexes Thema, bei dem man viel falsch machen kann. Ich habe hier ein paar Informationen dazu zusammengestellt und empfehle den Besuch eines Schnittkurses und das Lesen von Fachliteratur.

Der Schnitt hat je nach Alter und Zustand des Baumes verschiedene Zwecke.
Schneidet man gar nicht, kommt der Baum zwar schneller in den Ertrag, jedoch bildet sich in den meisten Fällen eine dichte, ungeordnete Krone, die schlecht zu beernten ist etc.. Bei viel abgetragenem Fruchtholz bei älteren Bäumen regt ein Verjüngungsschnitt das Wachstum neu an, fördert die Fruchtbarkeit und verlängert die Lebensdauer des Baumes.
Außerdem wachsen in einer dichten Krone wegen Lichtmangel Früchte schlechterer Qualität, und da eine dichte Krone nach einem Regen langsamer abtrocknet, steigt die Anfälligkeit für Pilzkrankheiten.

Pflanzschnitt

Der Baum hat beim Ausgraben in der Baumschule viel Wurzelmasse verloren. Um dies auszugleichen, erfolgt ein Rückschnitt. Das Anwachsen wir dadurch erleichtert. Ohne Pflanzschnitt kann es passieren, daß der Baum mehrere Jahre vor sich hin vegetiert und nur wenige Zentimeter wächst. Zusätzlich ist regelmäßiges Gießen besonders im ersten Frühjahr und ersten Sommer wichtig.

Erziehungsschnitt

Der Baum wird zur gewünschten Kronenform erzogen, z.B. Spindel, Rundkrone etc..

Erhaltungsschnitt

Ist die Krone ausgewachsen und der Baum im Ertrag, wird ein Gleichgewicht zwischen Triebwachstum und Fruchten wichtig. Der Ertrag schwächt das Wachstum, das dann durch den Schnitt wieder angeregt wird. Abgetragenes Fruchtholz wird entfernt.

Verjüngungsschnitt

Bäume, die viel getragen haben und schon länger nicht mehr geschnitten wurden, weisen meistens nur noch überaltertes Fruchtholz auf und zeigen kein neues Triebwachstum. Der Ertrag verringert sich im Laufe der Zeit und die Früchte werden kleiner und weniger. Dann ist ein kräftiger Rückschnitt nötig.

Hier gibt es eine kleine Baumschnitt-Kurzanleitung für den Jungbaum mit Abbildungen zum Herunterladen: Anleitung Obstbaumschnitt

Bodenpflege

Der Boden um den Stamm herum (ca. 1 m Durchmesser, sogenannte Baumscheibe) sollte frei von Bewuchs gehalten werden. Eine dichte Grasnarbe stellt eine starke Konkurrenz um Wasser und Nährstoffe dar. Wenn das Gras bis an den Stamm hinwächst, kann es sein, daß der Baum deutlich langsamer wächst und man doppelt so lange wartet, bis man die ersten Früchte ernten kann. Bei schwach und mittelstark wachsenden Bäumen sollte der Boden während der gesamten Lebensdauer offen gehalten werden, bei Hochstämmen (auf Sämling veredelt) mindestens die ersten fünf Jahre, besser länger. Die Baumscheibe kann auch gut mit Rasenschnitt abgedeckt werden. Frischer Schnitt sollte nur dünn verteilt werden, da es sonst zu Schimmelbildung kommen kann. Getrockneter Schnitt kann auch dicker verteilt werden. Dies schützt den Boden vor Austrocknung und bildet beim Verrotten Humus und erhöht die Bodenfruchtbarkeit. Achtung: Wenn die Gefahr besteht, daß sich Mäuse ansiedeln könnten, die dann die Wurzeln anfressen, ist es sicherer, den Boden nicht abzudecken.

Häufige Fragen

Warum werden Obstbäume veredelt ?

Apfel- und Birnbäume brauchen zur Befruchtung den Pollen einer anderen Sorte, da sie nicht selbstfruchtbar sind. Dabei mischen sich die Gene der beiden Sorten neu zusammen. Wenn ich dann einen Kern säe, entsteht aus ihm ein Baum einer neuen Sorte, die andere Eigenschaften hat als der Mutterbaum, von dem ich die Samen genommen habe. Bei manchen Pflanzen (z.B. Johannisbeeren) kann ich im Winter einen Trieb abschneiden und in den Boden stecken, und er schlägt Wurzeln und bildet einen neuen Strauch. Das funktioniert bei Äpfeln und Birnen leider nicht. Daher muß ich ein Bäumchen nehmen, gärtnerisch Unterlage genannt, auf das ich meine gewünschte Sorte veredeln kann, so daß ein neuer Baum mit dieser Sorte entsteht. Das Veredeln hat auch noch den Vorteil, daß es unterschiedlich stark wachsende Unterlagen gibt, die von spezialisierten Baumschulen produziert werden. So kann ich mit der selben Sorte einen kleinbleibenden Baum erzeugen, oder einen sehr groß werdenden, je nachdem auf welche Unterlage ich veredelt habe. Daher sollte man beim Baumkauf immer wissen, worauf der Baum veredelt ist !

Mein Baum trägt nicht, was kann ich da machen ?

Das kann verschiedene Gründe haben: Der Baum ist noch nicht alt genug, zu starker Schnitt, schlecht angewachsen durch mangelnde Pflege im ersten Standjahr (Trockenheit, Nährstoffmangel, Gras Bewuchs bin an den Stamm hin), Wühlmausschaden an den Wurzeln, mangelnde Bestäuber-Sorte in der Umgebung/weiteren Nachbarschaft...

Wie lange dauert es, bis ich etwas ernten kann ?

Das hängt von der Sorte ab und der Unterlage, auf die der Baum veredelt ist. Auf schwachwachsender Unterlage kann es sein, daß ein zweijährig gekaufter Baum schon im zweiten Standjahr den ersten Apfel trägt und nach fünf bis sechs Jahren schon sehr gut trägt. Auf starkwachsender Unterlage (z.B. Sämling) kann es sein, daß es sieben bis zehn Jahre dauert, bis die ersten Früchte wachsen, je nach Sorte. Als besonders faul gilt z.B. der Gravensteiner, bei dem es auch 15 Jahre dauern kann (auf Sämling).

Muß ich meinen Baum düngen ?

Manchmal hört man, daß die Düngung ein schlechtes Image hat. Dabei kommt es darauf an was man düngt und wieviel. Es handelt sich dabei schließlich um Nährstoffe, die auch auf natürliche Weise im Boden vorkommen, außer man verwendet chemisch-synthetisch hergestellten "Kunstdünger" (wir nicht). Jede Pflanze benötigt verschiedene Nährstoffe zum Wachsen. In der Natur fallen im Herbst die Blätter herab, verrotten im Laufe der Zeit, und geben Nährstoffe frei. Bodenorganismen sterben irgendwann ab, und verrotten ebenfalls. Bei Obstbäumen handelt es sich um Kulturpflanzen, die eine gewisse Menge an Nährstoffen benötigen. Man kann einen Apfelbaum nicht mit einer Fichte oder Buche vergleichen. Im Gegensatz zu Gemüse sind Obstbäume aber sehr genügsam, und verbrauchen nur ca. 30 kg Stickstoff pro Hektar und Jahr, während ein Salatfeld der selben Größe schon mindestens 100 kg Stickstoff verbraucht oder Blaukraut bis zu 300 kg Stickstoff. Damit der frisch gepflanzte Baum einen guten Start gekommt, hilft ihm dabei sehr z.B. eine Schaufel voll alter Kompost, oder ein bis zwei Hand voll organischer Dünger. Meistens stehen die Bäume in einer Wiese, deren Gras gemäht und dessen Schnitt abtransportiert wird. Die Nährstoffe, die das Gras zum Wachsen aus dem Boden geholt hat, sind dann weg, außer der Schnitt kann liegen bleiben und an Ort und Stelle verrotten. Bei regelmäßiger Abfuhr der Mahd und fehlender Düngung kommt es im Laufe der Jahre zu einem beträchtlichen Nährstoffmangel. Dadurch sinkt der Ertrag, und der Baum wird durch die Unterernährung anfälliger für Krankheiten und Schädlinge. Wenn man z.B. einen organischen Dünger (besteht aus pflanzlichen und tierischen Stoffen) verwenden möchte, steht auf der Packung drauf, wieviel man ungefähr geben sollte (jedes Jahr). Bei Kompost kann man ungefähr einen Liter pro m² im Jahr ausbringen, und zwar auf die Baumscheibe, unter der Krone und ein Stück darüber hinaus. Bester Zeitpunkt ist das frühe Frühjahr. Nach Juli sollte man nicht mehr düngen, da dann die Holzausreife verzögert und der Baum dadurch im Winter Frostschäden bekommen kann. Im Zweifel kann man eine Bodenprobe ziehen und von einem Labor analysieren lassen. Zuviel Düngen ist genauso schlecht wie Nährstoffmangel, und kann zu erhöhter Anfälligkeit für Krankheiten und Schädlinge führen, sowie zu verminderter Frosthärte. Reifer Kompost besitzt meiner Meinung nach die besten Eigenschaften, da er am stärksten den Humusgehalt des Bodens und damit die Bodenfruchtbarkeit erhöht, und nachweislich die Pflanzengesundheit fördert.

Wie tief soll ich den Baum pflanzen?

Die obersten Wurzeln sollten ca. 1 cm dick mit Erde bedeckt sein. Zu tiefes Pflanzen wird einerseits nicht so gut vertragen, und andererseits kann der Baum dann evtl. oberhalb der Veredelungsstelle Wurzeln schlagen, so daß der Einfluß der Unterlage wegfällt, besonders bei schwach und mittelsstark wachsenden. Ein auf schwachwachsender Unterlage veredelter Baum kann dann plötzlich viel größer werden als erwartet.

Foto-Galerie Schnitt und Schnittfehler

Damit Sie lange Freude an Ihrem Obstbaum haben, habe ich hier einige Fotos dazu zusammengestellt. Zuerst ein fachgerechter Obstbaumschnitt, danach ungünstige Schnitt-Methoden.

Bild Birnbaum vor dem Schnitt Älterer Birnbaum vor dem Schnitt: Der Baum hat in der Vergangenheit viel getragen. Jetzt findet sich viel abgetragenes Fruchtholz. Das ist im Detail auf dem Foto aus der Ferne leider nicht so gut erkennbar.
Bild Birnbaum nach dem Schnitt Die Krone wurde fachgerecht ausgelichtet und überaltertes Fruchtholz verjüngt (zurückgeschnitten). Beim Auslichten ist es gut, immer den alten Spruch im Kopf zu haben: Nach dem Schnitt soll man einen Hut durch die Krone werfen können.
Bild Schnittfehler 1 Nicht fachgerechter Schnitt (alle folgenden Bilder): Im oberen Kronenbereich wurden viele Äste/Triebe angeschnitten, was an vielen Stellen zu starkem Austrieb und Verzweigung geführt hat. Dadurch wird die Krone im oberen Bereich immer dichter, was die unteren Bereiche benachteiligt (weniger Licht). Im oberen Bereich sollte vorallem ausgelichtet werden, und ansonsten nur der Mitteltrieb und die Leitäste angeschnitten werden. Vielleicht war die Idee zu diesem Schnitt eine Reduzierung der Baumhöhe. Auf diese Art wird aber gerade im oberen Bereich das Wachstum stark angeregt.
Bild Schnittfehler 2 Dieser junge Baum wurde, bevor er eine richtige Krone ausbilden konnte, schon sehr kräftig zurückgeschnitten. Darauf folgte ein sehr starker Austrieb (Besenwuchs). Das ist vergeudetes Wachstum. Die vielen einjährigen Langtriebe können größtenteils nicht zum Kronenaufbau gebraucht werden, und die meisten müssen entfernt werden (siehe Schnittanleitung oben). Zum Kronenaufbau reichen: Ein Mitteltrieb (Stammverlängerung) und drei bis vier Leitäste. Der Rest an steil nach oben wachsenden Trieben ist dafür unbrauchbar, d.h. muss weggeschnitten werden, außer ein paar wenige, die vielleicht noch waagrecht gebunden werden können.
Bild Schnittfehler 3 Apfelbaum als Formgehölz: Viele mögen gerne runde Kugelformen. Das ist für Obstbäume keine sinnvolle Kronenform, außer man hat kein Interesse am Fruchtertrag. Durch den Rundum-Schnitt fängt der Baum überall im äußeren Kronenbereich stark zum Treiben an. Im Inneren der Krone wird es immer dunkler, so daß dort immer weniger Früchte wachsen, und diese wegen Lichtmangel keine gute Qualität besitzen. Wird dieser Rundum-Schnitt jedes Jahr betrieben, entwickeln sich keine Blütenknospen und daher auch keine Früchte.
Bild Schnittfehler 4 Bei diesem alten Apfelbaum wurden vor mehreren Jahren die Leitäste und der Mitteltrieb stark zurückgeschnitten. Was zu große Schnittwunden bewirken, sieht man auf den folgenden Bildern. Auf den Schnitt folgte ein kräftiger Austrieb. Da wäre es sinnvoll gewesen, stark auszulichten, d.h. zwei Drittel bis drei Viertel der Neutriebe ganz zu entfernen. Dies geschah nicht, und die Neutriebe wuchsen weiter und verzweigten sich. Dadurch wurde die Krone im oberen Bereich sehr dicht. Der untere Bereich leidet unter Lichtmangel, und kann dadurch auch langsam verkahlen. Dort sind dann kaum Früchte zu erwarten, dafür ganz oben, wo man schlecht hinkommt. Der Fruchtertrag verlagert sich also nach oben in die Ferne.
Bild Schnittwunde 1 Ein großer Ast wurde abgesägt. In das offene Holz können Pilze eindringen und das Holz zerstören (Fäulnis). In der Praxis hat sich gezeigt, daß dies bei großen Schnittflächen auch mit Wundverschlußmitteln nicht verhindert werden kann. Besser: keine großen Schnittwunden erzeugen.
Bild Schnittwunde 2Beginnende Fäulnis bei großer Schnittwunde. Vögel picken gerne in morsches Holz, so daß sich Hohlräume bilden.
Bild Schnittwunde 3 Schnittwunde, die schon recht weit zugewachsen ist. Der Pilz war aber schneller und man erkennt zersetztes Holz in der Mitte.
Bild Schnittwunde 4 Nach oben zeigende Schnittwunden sind besonders gefährdet, da mehr Wasser in die Risse im Holz eindringt als bei senkrecht stehenden Schnittflächen.
Bild Schnittwunde 5 Fortgeschrittene Holzzersetzung.
Bild Schnittwunde 6 Hohlraumbildung. Der Ast ist in seiner Stabilität stark geschwächt.
Bild Schnittwunde 7 Großer Hohlraum im Stamm durch Fäulnis.
Bild Schnittwunde 8 Beim Steinobst sterben manchmal auch ganze Rindenpartien unterhalb großer Schnittwunden ab. Hier im fortgeschrittenen Stadium. Die Krone wird bald auseinanderbrechen.
Bild Baumpilz Fruchtkörper eines Baumpilzes an einem alten Apfelbaum. Der Pilz besiedelt zuerst das Holz mit seinem Mycel, und lässt erst danach Fruchtkörper, landläufig als Pilz bezeichnet, herauswachsen. Daher wird man den Befall nicht los, indem man den Fruchtkörper abreisst.